Die Lebensumstände haben uns in die Verzweiflung gedrängt.
Das immer wiederholte und festnagelnde Bild des hungernden Künstlers
Verfolgt mich tatsächlich; dass ich mich dagegen zu wehren versuche,
Interessiert es nicht. Es hat mich gefunden, meiner Lebzeiten.
Das Unaufmerksame, das Ungeachtete, die Zermalmung des Schönen,
Des Schriftlichen, das den Menschen insgeheim Freude bringt,
Und trotzdem sitze ich hier in Hungersnot, ja, Atemnot, und bin als Mensch
Nicht wahrnehmbar. Ich gebe alles, man entzieht mir die Schriften, und mir bleibt
Die sorgenvolle Einsamkeit. Ich schreibe in der Hoffnung, dass die Welt sich
Bekehren, ja, verbessern lässt, auch die in der ich lebe und ums Überleben kämpfe.
Ich habe mir eine Todesgefährtin gesucht, und sie in dir, Henriette, gefunden;
Oder waren es ausgelesenere Kräfte die uns beide haben auserkoren?
Nein, da wird ja nicht dran geglaubt, das hat man auch unseren Körpern zu verstehen
Gegeben. Man beerdigte uns da wo wir uns das Leben nahmen.
Auch im Tode passe ich nicht, nicht in die Schubladen, euch allen nicht.
Und auch dir, meine leidende Freundin, hat das Leben übel mitgespielt.
Ich will hier nichts romantisieren, jedoch sah ich mich in die Knie gezwungen.
Von der grauen Gesellschaft, die alles verschlingt, und nichts investiert,
Die predigt zu lieben und zu glauben, und tatenlos Tragödien zuschaut.
Dieses Doppelleben ist mir ein Dorn im Auge und im Herzen, mitspielen tue ich nicht.
Beide haben wir unser Elend in Worte gefasst, uns an unsere Geliebten gewendet.
Der Entschluss war längst gefasst, uns wurde das Leben zur nicht endenden Last,
Der Tod, ein Befreier, wo nichts mehr gebraucht und abgestempelt wird.
Ich gehöre nun zu denjenigen die postum die Gnade der lesenden Menschheit
Erhalten. Hat der Tod meinen Namen in den Olymp katapultiert?
Bin ich als Begrabener lesenswert und vollwertig? Was ist das für ein Wertesystem
Das mir zuerst den Atem nimmt und dann verschlingt?
Ich fühle mich betrogen, habe als Leiche an Wert gewonnen, wurde eine
Sich stets verbreitende Erinnerung.
Ich war doch Mensch.
Da wollte es keiner hören.
Mir wurde mehrmals die Zunge verknotet.
Meine Anerkennung stolperte mir Jahre später erst hinterher.
Ich wollte nicht alleine sterben, Henriette, ähnlich ging es dir.
Beide waren wir dazu bestimmt, es selbst zu tun, es nicht mehr zu verschieben.
Über unser eigenes Entgleiten wollten wir die Kontrolle bewahren.
Schüsse fielen, man hörte sie am See.
Du fielst zu Boden, ich habe das Blut noch sehen können.
Die Liebe, die ich dir nun angetan, drückte ich auch mir selbst auf,
Und da fand man mich neben dir, dem Elend der Welt entzogen.
“Bildnis Heinrich von Kleist” by Peter Friedel (1772/3-1814)